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Offener Brief der Ev. Kirchen und der Diakonie Hessen zum Tag der Pflege 2022 an die politischen Parteien im hessischen und rheinland-pfälzischen Landtag und die Kranken- und Pflegekassen in Hessen und Rheinland-Pfalz

Immer da und doch fast unsichtbar – ambulant Pflegende

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum diesjährigen Tag der Pflege wenden wir uns an Sie und wollen die öffentliche Wahrnehmung auf die ambulante Pflege lenken, die in der Pandemie ebenso massiv gefordert ist und bleibt wie die Pflege in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen – ohne dass sie in gleicher Weise auch mediale Aufmerksamkeit erhalten hat.

Das liegt an der Art der Arbeit: Pflegekräfte in ambulanten Diensten sind 365 Tage im Jahr bei jeder Wetter- und jeder Verkehrslage unterwegs, eilen von Haushalt zu Haushalt, verschwinden schnell inWohnungen und Häusern ihrer Patient*innen, um die eng getakteten Pflegeaufgaben zu erfüllen, sichtbar nur durch ihre vor den Häusern kurz abgestellten Fahrzeuge. Ihr Wirken geschieht deshalb fast unsichtbar und ist doch so wichtig für zahllose kranke und pflegebedürftige Menschen, die zu Hause versorgt werden – in der städtischen Sozialwohnung oder dem Siedlungshaus genauso wie auf entlegenen landwirtschaftlichen Gehöften. Denn unbemerkt bleibt auch, dass in Hessen und Rheinland-Pfalz viel mehr Menschen ambulante Pflege erhalten (2019 Hessen 67906 Pflegebedürftige, RLPf 44 825) als in Pflegeheimen leben (2019 Hessen 57 214 Personen, RLPf 37 733). Fast 32 000 Mitarbeitende in Hessen und 16 342 in Rheinland-Pfalz waren Ende 2019 unterwegs als ambulante Einzelkämpfer*innen mit hoher Verantwortung für jeden Pflegehaushalt. In einer Fernsehserie wurden sie jüngst als „Pflegionär*innen“ bezeichnet. Viele Rollenerwartungen werden gleichzeitig an sie geknüpft: medizinische/r Fachexperte/in, Psychologe/in, Seelsorger/in, Streitschlichter/ìn, Finanz- und Bürokratieprofi, Haushälter/in, Zeitschenker/in, Sprachrohr nach draußen, Masseur/in, Kosmetiker/in, Friseur/in und vieles mehr. Und ein Ohr für die Nöte von Familienangehörigen gehört auch dazu.

Gleichzeitig kämpfen sich die Beschäftigten in der ambulanten Pflege durch einen überbordenden Bürokratiewust, erhalten von Kranken- und Pflegekassen immer neue Auflagen, Nachweispflichten und finanzielle Beschränkungen, ohne dass die Kassen arbeitserleichternde, u. a. auch digitale Voraussetzungen schaffen. Als Konsequenz sind die Einsätze eng zu takten und gut zu planen, damit die Einnahmen der ambulanten Dienste auch deren (Personal-) Ausgaben decken – für die Leitungskräfte ein Drahtseilakt, nicht nur in Zeiten sehr knapper Personalressourcen.

Und für Patient*innen ist es manchmal ein Geduldsspiel, wenn kurzfristige Personalausfälle zu kompensieren sind und die gewohnte Uhrzeit für die Versorgung deshalb nicht eingehalten werden kann.

Gemeinsam mit den anderen Beschäftigten des Gesundheitswesens ist die ambulante Pflege beim Corona-Impfschutz vorangegangen – und nun von der Politik allein gelassen worden, die doch die Impfpflicht für alle angekündigt hatte.

Die ambulante Pflege darf nicht zum Stiefkind der Pflegeinfrastruktur werden. Alle Beschäftigten dort leisten großartige, wichtige gesellschaftliche Arbeit und helfen dabei, dem Wunsch der Menschen, zuhause gepflegt zu werden, zu entsprechen.

Dafür sind wir ihnen zu großem Dank verpflichtet. Das wollen wir mit diesem offenen Brief zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig fordern wir die politisch Verantwortlichen in den Parlamenten und die Pflege- und Krankenkassen auf, die Arbeitsbedingungen der Pflegenden nicht nur endlich durch Bürokratieabbau und Digitalisierung entsprechender Prozesse zu erleichtern, sondern die Pflege auch angemessen zu finanzieren und mit Zeitspannen zu hinterlegen, die die gegenwärtige menschenunwürdige Minutenpflege Vergangenheit sein lässt.

Dr. Beate Hofmann, Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Ulrike Scherf, Stellvertretende Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen

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